Ein Stacheldrahtzaun, der die Worte Gefängnis und Unterdrückung hervorrufen. Doch eine Kerze erleuchtet und bringt Hoffnung, obwohl sie vom Stacheldraht umgeben ist. Meist spiegelt sich diese Hoffnung im Glauben wieder.
Auf diese Art leitete Dr. Edmund Käbisch jüngst die Zeitzeugenbefragung ein. Jedes Jahr können die Zehntklässler des CWG Geschichte hautnah erleben und die Erlebnisse einer anderen Generation erfahren. Die Zeitzeugen dieses Jahr berichteten über den Widerstand der Kirchen in der DDR. Dr. Käbisch, der frühere Pfarrer im Zwickauer Dom, kennt einige politisch Verfolgte und organisierte diesen Einblick für die Jugendlichen. Zu hören waren die Erlebnisse drei älterer Herren.
Erster Zeitzeuge war Andreas Lorenz. Geboren 1951 in Bockau zog seine Familie um nach Schneeberg wo er auch zur Schule ging. Sein Vater war Pfarrer. Er erzog seinen Sohn liberal und erklärte ihm schon zeitig unterschiedliche Philosophien und Religionen. Das prägte Lorenz, denn in seinen letzten Schuljahren gründete er mit einigen seiner Mitschüler eine Gruppe, die anders und frei sein wollte. Doch nicht lange konnte dieses Geheimnis vor der Stasi bewart werden. Er war nicht älter als 24, als er in das Zuchthaus nach Brandenburg musste - nur, weil er anderer Meinungen und Ansichten war. Er schaffte es jedoch erstaunlicher Weise aus dem Zuchthaus zu fliehen und schließlich auch aus der DDR zu entkommen. Heute ist Andreas Lorenz in Dortmund Staatsanwalt.
Wirklich freier Schriftsteller zu sein, war in der DDR nicht möglich. Utz Rachowski kann das erst heute. Außerdem hilft er jetzt, damaligen unter der Diktatur Lebenden mit ihren Erlebnissen klarzukommen. In der Schule wurde er als erstmals „auffällig“ und durfte die elfte Klasse nicht beenden. Auch Rachowski konnte seine Meinung nicht frei äußern, hörte immer nur diese eine vorgegebene festgeschriebene Meinung. Das wurde ihm zu langweilig. Einen Anlaufspunkt fand er in der Kirche. Doch ein Spitzel hatte sich eingeschlichen. Also war er nicht mal dort war mehr frei. Nach dem Armeedienst und einer Berufsausbildung fing er ein Studium an. Rachowski verteilte und schrieb aber politisch „unkorrekte“ Gedichte. Daraufhin wurde er zwei Jahre und drei Monate inhaftiert. Sein Studium war passé. Der junge Schriftsteller wurde während seiner Haft gefragt, ob er die DDR verlassen wolle. Er wollte im Grunde genommen bleiben, um Dinge zu ändern. Doch schließlich hielt er es doch für besser, mit seiner Familie in die BRD zu gehen, weil er seinem Kind ein freies Leben ermöglichen wollte.
Der dritte Zeitzeuge dieser Veranstaltung - Uwe Kinzel. Er kämpfte nicht nur für Meinungsfreiheit, sondern auch für die freie Ausübung seiner Religion. Als Zeuge Jehovas hatte es der 1956 in Pöhlau Geborene nicht leicht. Trotzdem er ein sehr guter Schüler war, durfte er sein Abitur nicht beenden. Begründet wurde dies mit der Nichtmitgliedschaft in einer sozialistischen Jugendorganisation. Das war nicht gern gesehen. Er blieb „unter Beobachtung“. Am 4. November 1987 wurde Kinzel dann direkt von der Arbeit weg verhaftet. Zu erst kam er nach Chemnitz in eine zehnwöchige Einzelhaft. Seine Frau erfuhr erst Tage später von seiner Verhaftung. Nach einem kurzen Prozess, in dem er sich eigentlich nicht verteidigen konnte, wurde er zu einem elfmonatigen Aufenthalt im Zuchthaus verurteilt. Er hatte das Glück, weil sein Kind sehr krank war, in Chemnitz am Kassberg bleiben zu können. Aus der Haft entlassen, blieb der jetzige Selbständige auch deshalb in der DDR. Umso mehr war die Wende für ihn erst recht eine, seine Befreiung.
Für die Zehntklässler war es eine interessante Erfahrung, diese Geschichten zu hören und Fragen stellen zu können. Sie haben festgestellt, dass die Menschen noch heute Probleme mit der damaligen Situation haben. Es hat die Menschen verletzt, dass sie zum Teil von den engsten Vertrauten verraten wurden. Außerdem hatten die Schüler die Gelegenheit, Geschichte einmal anders zu erleben. Nach den drei Erzählungen war klar: Geschichten haben auch Gefühle und stecken zum Teil auch hinter den Fakten, die die Lehrer im Unterricht vermitteln. rtl